Das eigene Gehirn

Kurzinfo

Adib Fricke, »Mein Gehirn« - 3D-Druck des eigenen Gehirns, bedeutungslabor.comAdib Fricke, »Mein Gehirn« - 3D-Druck des eigenen Gehirns, bedeutungslabor.com
© Adib Fricke/VG Bild-Kunst, Photo: Idris Kolodziej

Wie wäre es ...

Wie wäre es, wenn wir unser Gehirn in die Hand nehmen und betrachten könnten? Würden wir dadurch Neues über uns selbst erfahren? Der Künstler Adib Fricke hat sein Gehirn scannen und als 3D-Modell drucken lassen. Nun kann er, das Subjekt, das eigentliche Organ seiner Subjektivität betrachten.

Mit Hilfe von Computern und bildgebenden Verfahren wie fMRI-Scans können wir, wie es vordergründig scheint, dem Gehirn direkt beim Denken zuschauen. Die Bildwelten, die so entstehen, haben bereits eine Eigenständigkeit entwickelt und das Versprechen in die Welt gesetzt, dass wir nun verstehen können, wie das menschliche Denken funktioniert.

In einer fotografischen Inszenierung hält Adib Fricke "sein Gehirn" in der Hand und betrachtet es – als einen präzisen Ausdruck. Spielerisch nimmt er ein Rollenbild ein, das er von den Wissenschaftlern übernommen hat. Zugleich ist das dreidimensionale Modell die Spiegelung seines eigenen Denkorgans, das er betrachtet. Die Fotos, präsentiert als Plakate, sind zusammen mit seinem Gehirn innerhalb der Ausstellung Mirror Images – Spiegelbilder in Kunst und Medizin im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité zu sehen. Als Betrachter der Fotos schauen wir Fricke vordergründig beim Betrachten seines Gehirns zu. Doch in dem er es uns auf den Abbildungen entgegen hält, sind wir auch eingeladen, von der gegenüberliegenden Seite aus in gleicher Weise drauf zu blicken und mit ihm herauszufinden, ob es etwas zu entdecken gibt.

Sein Spiegelbild ist beispielhaft für das Zeitalter der Kognitionswissenschaften, deren Erkenntnisse nun in Teilen den Alltag erreichen. Statt "Wie sehe ich aus?" fragt Adib Fricke mit seiner Arbeit "Wie denke ich?". Gleichzeitig verbindet sich die Arbeit auf anderer Ebene mit der bekannten Geste von Shakespeares Hamlet, der in seiner Hand den Schädel des 20 Jahre zuvor verstorbenen Hofnarren hält und über die Zeitlichkeit des Lebens sinnt. So reflektiert Fricke über die verdoppelte Geste auch metaphorisch seine Rolle als Künstler.

Mein Gehirn, 2014, 3D-Druck,
in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig,
besonderer Dank an Christopher Steele